Data-driven Marketing ohne Daten? 

Dem herkömmlichen Data-driven Marketing drohen in diesem Jahr die Daten auszugehen. Womit Unternehmen 2021 rechnen müssen und wie sie mit drei Maßnahmen konkret gegensteuern können.

 

Mehr digitale Touchpoints zum Kunden hin schaffen – das ist die Strategie vieler Unternehmen in der Corona-Krise. Auch kundenseitig ist deren Nutzungsintensität und -tiefe gestiegen. Statt auf Neukundengewinnung setzen daher viele Firmen in der Markenführung auf ein durchgängiges Customer Journey Management mit einem hohen Anteil an Botschaften auf eigenen Flächen sowie in den CRM-Kanälen. Um diese Botschaften zu personalisieren, haben viele  bereits sogenannte Customer Data Platforms (CDPs) bzw. Customer Intelligence Platforms eingeführt, mit denen Nutzerdaten zusammengeführt und das Verhalten des Nutzers analysiert werden können. 

 

Doch ist damit das Marketing ausreichend gerüstet für die Zukunft? Leider nein, denn dem herkömmlichen Data-driven Marketing drohen ohne Gegenmaßnahmen im Jahr 2021 die Daten endgültig auszugehen. Nicht zuletzt durch das Blocking der 3rd Party Cookies in Desktop und Mobile Browsern steht die bislang praktizierte Datenerfassung vor dem Ende. Selbst First Party Cookies werden zum Teil bereits jetzt geblockt. So kann ohne Gegenmaßnahmen ein zunehmend hoher Prozentsatz an Nutzern (mindestens 60 Prozent) nicht mehr sinnvoll analysiert und datengetrieben aktiviert werden. Zu alledem kommen Risiken aus der EuGH-Rechtsprechung zum Datenschutz, die eine rechtskonforme Datensammlung und -verarbeitung bei Einsatz von US-amerikanischen Systemen an sehr strikte Auflagen knüpfen.

 

So können Unternehmen aktiv gegensteuern:

 

 

1. SZENARIEN DURCHSPIELEN

 

Durch die fehlenden Daten ergeben sich Unschärfen in der Analyse, in der Prognose und damit am Ende eine zunehmend unsichere Planbarkeit von Budgets und Umsätzen. Firmen sollten Szenarien entwickeln, wie die Quantität und Qualität ihrer Daten in Zukunft sein wird und diese Szenarien auf ihre finanzielle Wirkung für das eigene Unternehmen hin auswerten. Was kann zum Beispiel über Prognosemodelle wieder wettgemacht werden? Mit welchen Unschärfen müssen welche Budgetausgaben oder Einnahme-Prognosen leben? Marken sollten die verbleibende Zeit und ihre Daten in 2021 dringend nutzen, um zusammen mit ihrer Business Intelligence an Modellen zu arbeiten und diese gegenüber heute „zu normieren“.

 

2. PLAN B IN DER TASCHE HABEN

 

Unternehmen sollten einen Plan B zur bestmöglichen Absicherung ihrer bisherigen Technologie-Investitionen sowie ihrer Marketing-Kanäle entwickeln. 

 

Wie sehen neue Verbindungswege bzw. neue Daten-Austausch-Formate zwischen Nutzer:innen und Firmen aus? Wie sehen neue, direkte Technologielösungen zwischen Werbetreibenden und Publishern wie z.B. den großen Verlagen aus – als Alternative zu Google und Facebook, die ihre gegenwärtig starke, nahezu übermächtige Marktposition dazu nutzen, um den Weg zum Kunden weiter zu monopolisieren? Welche technologischen Konsequenzen hat das für ihre Marketing-Technologie-Infrastruktur?

 

Es fragt sich auch, welche Dienstleister – zum Beispiel in Retargeting- oder Affiliate-Kanälen –  es in Zukunft noch geben wird? Wie bauen diese Firmen ihre zumeist auf 3rd Party Cookies basierenden Lösungen so um, dass sie von dem 3rd Party Cookie-Blocking nicht betroffen sind? Geht das überhaupt? Muss der Werbetreibende nicht eher eigene Retargeting-Daten sammeln und mit ihnen arbeiten? Was heisst das für seinen AdTech- bzw. MarTech-Bereich und Betrieb? Welche Prozesse werden zukünftig im Mediaeinkauf und Campaigning benötigt?

 

Letztlich sollten Unternehmen zudem ihre Systemlandschaft auf Systeme mit Datentransfer in Drittstaaten prüfen, insbesondere in die USA oder China. Welche Systeme können ohne zusätzliche technische und organisatorische Maßnahmen nicht mehr rechtskonform i.S. des EuGH-Urteils „Schrems II“ von Juli 2020 betrieben werden? Das ist der Fall, wenn personenbezogene Daten wie z.B. Cookies systemseitig in Nicht-EU-Staaten ohne vergleichbares Datenschutzniveau transferiert werden, z.B. in die USA. Prinzipiell reicht dafür schon der Zugriff eines Service-Mitarbeiters aus den USA auf die europäische Installation des US-Anbieters. Hier gilt es also sehr dringend, über sogenannte Data Transfer Impact Assessments datenschutzbezogene Risiken für User aus der EU bei der Nutzung solcher Systeme zu ermitteln und über technische Maßnahmen zu minimieren. Auf Anfrage können diese Assessments und die getroffenen Maßnahmen den Aufsichtsbehörden vorgelegt werden, um die Systeme weiterhin risikofrei nutzen zu können.

 

 

3. UNABHÄNGIGER MACHEN

 

Es gilt, eine signifikante Menge an sogenannten persistenten also bleibenden Daten aufzubauen. Das sind klassischerweise CRM-Daten wie E-Mail oder die Adresse. Diese persistenten Daten helfen Unternehmen, unabhängiger von der bedrohten und immer flüchtiger werdenden Cookie- und Device-ID-Welt oder der Gatekeeper Google und Apple zu werden. Egal wie die neue ID-Welt aussieht: Anhand einer Identifikation an einem persistenten Datum (bspw. durch einen Login) wird sie verknüpf- und auswertbar. Maßnahmen oder Kampagnen zur Steigerung von Logins oder Newsletter haben damit derzeit einen deutlich gesteigerten strategischen, quantifizierbaren Wert.