Von Intuition zu Insights: Wie ein data-driven Mindset Social Media erfolgreicher macht!
Welcher Content für eine Zielgruppe relevant ist, ist keine Glaubensfrage. Stattdessen hilft ein data-driven Mindset, digitalen Content erfolgreicher zu machen.
„Ich denke, […]“, „Ich meine, […]“, „Ich glaube, […]“ – diese Sätze fallen häufig in Gesprächen zu Content und Social Media. Doch die Frage danach, welcher Content für die Zielgruppe relevant ist, ist keine Glaubensfrage. Vermutungen zu Zielgruppenpräferenzen lenken unsere Kreativität auf Bereiche, in denen sie keinen Mehrwert leistet, statt dorthin, wo sie tatsächlich einen Unterschied macht: Bei der Ausgestaltung von relevanten und kreativen Inhalten! Dieses Verhalten ist menschlich. Es sind „Biases“ – unser Bauchgefühl, das uns hilft, durch unseren Alltag zu navigieren. Doch echte Relevanz und zielführende Kreativität kann entstehen, wenn Daten richtig gelesen und für diese Zwecke eingesetzt werden.
„Welchen Content soll ich spielen?“ und „Was ist für meine Zielgruppe relevant?“: Das sind zwei der am meisten gestellten Fragen, die insbesondere im schnelllebigen Social-Media-Umfeld einen hohen Anspruch mit sich bringen: In kurzer Zeit möglichst viel Content produzieren, der ebenso relevant und aktivierend für die Zielgruppe ist.
Menschen – egal, ob Neueinsteiger:innen oder Social-Media-Expert:innen – laufen Gefahr, bei diesen Fragen zu voreilig von sich oder dem, was man kennt, auf eine Allgemeinheit zu schließen. Verhaltenspsychologisch wird das mit Heuristiken (z. B. Availability Bias) erklärt, die uns dazu verleiten, auf Basis von wenigen Beispielen Generalisierungen vorzunehmen (Management by example). Vor allem Social Media als Disziplin läuft hier Gefahr, von Intuition und Meinung statt tatsächlichen User Insights gelenkt zu werden. Der Grund ist naheliegend: Fast jede:r ist auch privat auf Social Media aktiv, ist Content Consumer oder auch Creator. Bei der Frage nach relevantem Content denken wir also an Content, den wir selbst gesehen haben und der uns selbst oder unserem Netzwerk gefallen hat. Daraus schließen wir auf eine größere Allgemeinheit: Wir sind selbst nicht mehr auf Facebook aktiv und uns fällt spontan auch niemand mehr ein. Die logische Schlussfolgerung: Das Netzwerk muss tot sein. Oder Aussagen wie: „Der Content ist nicht schön, deshalb funktioniert er nicht.“ Dieses Verhalten führt zu Anti-Kreativität, da man anfängt, sich selbst zu kopieren. Das kostet am Ende Relevanz und Performance.
Als Agentur müssen wir jeden Tag unterschiedlichste Zielgruppen erreichen: Ingenieur:innen, Haustierbesitzer:innen, Chemiker:innen, Makler:innen, Sportler:innen – die Liste kann fast endlos fortgeführt werden. Es ist unmöglich, repräsentative Vertreter:innen aus jeder Zielgruppe als Content-Verantwortliche zu haben und noch unmöglicher, unvoreingenommen die Perspektive jeder einzelnen Zielgruppe einzunehmen. Um sicherzugehen, dass wir Content für die Zielgruppe und nicht an der Zielgruppe vorbei „für uns selbst“ oder für den Kunden erstellen, bauen wir auf Daten. Qualitativ hochwertige Daten, die die richtigen Fragen beantworten, bieten eine einzige Version der „Wahrheit“ über User:innen und Performance. Eine einzige Wahrheit, die nicht wegdiskutiert werden kann und über Intuitionen steht. Oder kurz gesagt: Ein data-driven Mindset, das dabei hilft, digitalen Content erfolgreicher zu machen und einen Rahmen für kreative Briefings und Strategien bildet.
Um vom Bauchgefühl wegzukommen und sich von Fakten leiten zu lassen, können drei Schritte helfen:
1. Sei dir bewusst, von welchen „Biases“ du beeinflusst wirst.
2. Nutze Daten, um Biases zu überwinden.
3. Baue auf einen mit Daten definierten Content-Frame, um kreative Inhalte zu testen und daraus neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Man sagt: „Einsicht ist der erste Weg zur Besserung“ und auch in diesem Fall trifft das zu. Im ersten Schritt muss man sich eingestehen, auf welcher Basis und geleitet von welchen Einflussfaktoren Ideen diskutiert, Content erstellt und Entscheidungen getroffen werden.
Diese Checkliste kann im Alltag dabei helfen, Ideen unvoreingenommener zu evaluieren, bessere Entscheidungen zu treffen und Prioritäten zu setzen:
- Habe ich alle möglichen Alternativen beleuchtet oder bin ich zu schnell zu der naheliegendsten gekommen (Availability bias)?
- Habe ich auch ausreichend die Nachteile der Idee betrachtet oder bin ich zu euphorisch und übersehe diese deshalb (Excessive Optimism)?
- Bin ich mir sicher, dass meine Annahmen auf Fakten und Tatsachen und nicht auf Intuition basieren (Overconfidence)?
- Stehen die Unternehmensinteressen vor meinen eigenen Interessen? (Misaligned individual incentives)
- Ist meine Idee rational vertretbar oder hänge ich emotional zu sehr an einer irrationalen Idee? (Inappropriate attachments)?
- War ich offen für alle Ergebnisse, die mir Daten bieten konnten oder habe ich mich zu sehr auf die Bestätigung meiner Annahmen konzentriert (Confirmation bias)?
- Handelt es sich bei den Annahmen tatsächlich um allgemeingültige Fakten oder treffe ich Generalisierungen anhand von wenigen Beispielen (Management by example)?
- Besteht tatsächlich ein Zusammenhang zwischen meiner Beobachtung und meiner Empfehlung oder verwechsle ich Kausalität und Korrelation (False analogies)?
- Habe ich den Status Quo ausreichend hinterfragt und war bereit – wo es möglich und sinnvoll war –davon abzuweichen oder bin ich in meiner Komfortzone geblieben (Status quo bias)?
- Haben wir alle Alternativen ausreichend beleuchtet, bevor wir zu einem Konsens gefunden haben (Group-Think) und Ideen unabhängig von der Person, die sie eingebracht hat, diskutiert? Oder sind wir dem Hippo gefolgt (highest paid person in the office -> Sunflower management)?
Wenn sich alle Fragen mit „Ja“ beantworten lassen, steht einer erfolgreichen Content-Kreation und Briefing-Erstellung nichts mehr im Weg. Wenn doch irgendwo ein „vielleicht“ aufgetaucht ist, lohnt sich eine Extrarunde „Datenanalyse“.
Alexandra Braun, Head of Governance and Analytics, Plan.Net NEO