Clubhouse ist tot - lang lebe Clubhouse.

 

Audio ist in aller Ohren. Nach dem (ersten?) großen Hype um die Social Audio App Clubhouse ziehen die großen Plattformen wie Facebook, Twitter und co. mit Entwicklungen im Audiobereich nach. Was ist an diesen Entwicklungen dran, welche Apps sind im Kommen und hat Clubhouse seine beste Zeit bereits hinter sich?

Zum Auftaktevent unserer Clubhouse-Serie beschäftigten wir uns als Haus der Kommunikation Wien mit der These „Clubhouse ist tot – lang lebe Clubhouse.“ Gemeinsam mit vier Podiumsgästen diskutierten wir über die Audiotrends der Zukunft und stellten uns selbstkritisch die Frage, ob es denn ein halbes Jahr nach dem großen Hype um die App überhaupt noch Sinn macht eine Serie zu starten.

 

Audio ist nicht gleich Audio. Radio läuft oft im Hintergrund, als Klangteppich, während Podcasts oder Formate wie Clubhouse bewusst gehört werden und inhaltlich sehr viel tiefer gehen.

Was ist der Reiz an Audioformaten wie Clubhouse? Ist es das Gemeinschaftsgefühl? Der rohe, ehrliche Ausgleich zu all den behübschten und gefilterten Bildern auf Instagram und co.?

 

Unsere Podiumsgäste waren sich jedenfalls in einer Sache einig: Clubhouse kann ein neues Gefühl von Nähe schaffen. So hat man auch mal den CEO einer internationalen Firma im Ohr und damit ganz nah bei sich im Wohnzimmer. Das schafft Intimität und das Gefühl Teil einer Unterhaltung zu sein und sich einbringen zu können. Gleichzeitig gibt es etliche Studien, die zeigen, dass die Beliebtheit von Podcasts darauf basiert, dass immer mehr Nutzer:innen bewusst die visuelle Ebene meiden, um ihrem reizüberfluteten Alltag zu entfliehen. Während Bilder und Videos schnell durch Filter, Effekte und Photoshop verändert werden können, lässt sich die Stimme nur schwer manipulieren. Das verleiht dem jeweiligen Audio-Content im Vergleich zu visuellen Inhalten einen persönlichen, intimeren Touch und größere Authentizität.

 

Aus technischer Sicht sieht Tanja Pöltl, Senior Manager Business Development bei Mediaplus Austria, noch Aufholbedarf: „Die App befindet sich noch in einer Betaversion. Sie ist als Plattform noch nicht „groß“ und ausgreift genug und durch das elitäre Einladungsmanagement auch noch nicht für alle zugänglich. Das macht es zwar einerseits spannend, gleichzeitig verliert man aber viele potenzielle Nutzer:innen. Auch ist die Frage der Monetarisierung eine, die sich Clubhouse jedenfalls bald stellen muss, um neben einem Riesen wie Facebook und dessen neuester Entwicklung einer Social Audio Plattform, bestehen zu können.“

 

Wolfgang Bscheid, Geschäftsführer von mediascale und Clubhouse Gastgeber der ersten Stunde, findet besonders spannend, dass Clubhouse ein „pures Unterhaltungsformat“ ist. „Unaufwändig in der Organisation, am bad-hair-day trotzdem auf Clubhouse brillieren oder plötzlich als Marketing-Fachtalk mit einem Klangschalen-Raum im Wettbewerb um Zuhörer:innen stehen. Das macht diese App so reizvoll. Auf Clubhouse können Zuhörer:innen unauffällig den Raum betreten und wieder verlassen, die Hemmschwelle „mal schnell reinzuhören“ ist im Gegensatz zu einer Veranstaltung auf einer Messe geringer. Entscheidend ist es, die Inhalte so spannend und unterhaltsam aufzubereiten, dass die Leute zum Zuhören und Verweilen bewegt werden.“

Eine Besonderheit im Social Audio Bereich ist für Joachim Feher, Geschäftsführer der RMS Austria, jedenfalls die Etikette, die respektvolle Haltung und die angenehmen Gesprächsatmosphäre, die es seines Erachtens zu halten gilt. Die Gespräche werden auf Augenhöhe geführt, man kann mit Gästen in Dialog treten und es kommt anders als auf anderen Social Media Kanälen kaum zu negativen oder belanglosen Kommentaren.

 

Unternehmen brauchen Mut

 

Doch wo liegt der Mehrwert für ein Unternehmen sich und seine Marke im Social Audio Bereich zu positionieren? Social Audio-Apps bieten einen komplett neuen Marken-Touchpoint für Unternehmen. Ob Q&A-Sessions, Behind-the-scenes-Talks, Recruiting Specials oder einfach Talks in denen CEOs aus dem Nähkästchen plaudern. Wichtig ist es, auf der Bühne Mut zu haben und Themen ehrlich anzusprechen und auch mal kontrovers zu diskutieren. 

Mut – denn man weiß nie was passiert. Das Format ist live und man weiß nicht wer zuhört, welche Fragen gestellt werden oder wie die Dynamik des Talks verläuft. „Heutzutage geht es den meisten Konsumenten um die Haltungsfrage der Unternehmen: Was ist das für ein Unternehmen? Warum soll ich mich dafür entscheiden? Wie stehen sie zum Thema Nachhaltigkeit? Wie gehen sie damit um? Früher hätten Unternehmen einfach eine Kampagne zu Nachhaltigkeit geschalten oder Infos dazu auf ihre Website gestellt. Heute ist so viel mehr möglich. Es zeigt die Kultur eines Unternehmens, wenn sich ein Unternehmen/eine Unternehmensführung einer Diskussion stellt – das erwarten sich Konsumenten! Dass man Rede und Antwort steht. Moderne Unternehmen erkennen, dass Social Audio-Kanäle gut sind, um sich seinen Konsumenten und der Diskussion auf Augenhöhe zu stellen. Denn Sprache ist viel emotionaler als es ein Pressestatement jemals sein kann“, so Wolfgang Bscheid.

 

Wer sind Clubhouse-User:innen und was macht die Entwicklung aus dem „klassischen Radio“?

 

Auch im Social Audio Bereich gilt: „Users follow content“. Die Zuhörer:innen sind sehr breit gefächert und wählen themenbezogen. So gab es anfangs viele Räume zum Thema Social Media Marketing und jungem Unternehmertum, während mittlerweile alle Themen abgedeckt werden, vom Business Talk zur geleiteten Morgen-Meditation. 

Niki Fuchs, Head of Marketing und Digital beim Radiosender 88.6, sieht jedenfalls neue Audio-Produkte nicht als Konkurrenz zum klassischen Radio. „Wir freuen uns, wenn neue Audio-Produkte auf den Markt kommen. Denn von jedem Einzelnen können wir lernen. Was haben sie gut gemacht, was können wir davon nutzen? So haben wir z.B. mittlerweile eigene Podcasts gestartet, mit denen wir ganz konkrete Bereiche und Nischen abdecken, die wir im Radio als Massenmedium nicht abdecken können. Clubhouse ist sehr spannend, da es den direkten Rückkanal und den Community Gedanken hat, wo man schnell Feedback erhält und die Zuhörer:innen den Content aktiv mitgestalten können.“

 

 

Sie wollen gerne den ganzen Talk nachhören? Hier haben Sie die Möglichkeit dazu: