Silver Society: Erfahrung ist Gold

Das Potenzial der Generation 55+ fürs Personalmarketing nutzen: Fakten. Herausforderungen. Chancen.

 

In beinahe allen Branchen herrscht Nachwuchs- und Fachkräftemangel. Dieser wird sich noch verschärfen, wenn in drei Jahren die Generation der Babyboomer allmählich in Rente geht. Denn schon jetzt kommen in Deutschland auf 100 Menschen, die in den nächsten drei bis fünf Jahren in Rente gehen, nur 82, die kurz vor dem Einstieg in die Arbeitswelt stehen. Auf 100 Menschen im Alter von 55 bis 59 Jahren kommen in Deutschland sogar nur 59 Personen im Alter von 15 bis 19 Jahren.

In der Konsequenz wird der Arbeitsmarkt endgültig zum Bewerber:innenmarkt. Das Personalmarketing bemüht sich aktuell massiv um die Gunst junger Menschen. Doch schon rein statistisch ist absehbar, dass dies kaum ausreichen wird, um die offenen Stellen zu besetzen. Was also tun? Ein Lösungsansatz ist, den Fokus stärker auf die Älteren zu richten. Dazu gilt es, den demografischen Wandel nicht als Problem zu sehen, sondern in eine Chance umzuwandeln.

 

Megatrend „Silver Society“

 

Laut Zukunftsinstitut zählt „Silver Society“ zu den Megatrends unserer Zeit. Damit wird ein grundlegender Wandel der Altersstruktur unserer Gesellschaft beschrieben. So ist die Generation 55+ die am stärksten wachsende Bevölkerungsgruppe in Deutschland. Bis 2050 wird die Anzahl der Personen im Alter über 60 weltweit von 600 Millionen auf zwei Milliarden steigen. Bis 2060 werden sogar über 40 Prozent der deutschen Bevölkerung über 65 Jahre alt sein. Was aber zeichnet die „Silver Society“ aus und welche Chancen ergeben sich daraus für das Personalmarketing?

In der Werbung haben sich in den letzten Jahren schon positive Altersbilder entwickelt. Die „neue Alten“ werden dabei mehr und mehr als autonom, konsumfreudig und reiselustig

dargestellt und haben als „Best Ager“, „junge Alte“ oder „Silverpreneurs“ längst ihren Platz in Marketingstrategien gefunden. Verständlich: Denn über 40 Prozent der Kaufkraft liegen bei den über 50-Jährigen. 

 

Verkanntes Potenzial der Generation 55+

 

Anders sehen die Personalabteilungen vieler Unternehmen die Generation 55+. So stellte die New Design University St. Pölten in ihrer Studie „Die Silver Society: Chance und Herausforderung für Unternehmen“ fest, dass Unternehmen sich weiterhin von einem tradierten Altersbild leiten lassen. Die verbreitete Sorge: Die Generation 55+ sei nicht mehr ausreichend leistungsfähig, käme bei der dynamischen Entwicklung der heutigen Wirtschaft nicht mit und verfüge auch nicht über das notwendige innovative Know-how.

Doch dieses Bild ist veraltet. Die 50- bis 60-Jährigen von heute sind nicht nur gesünder und aktiver als vor 50 Jahren, sondern auch geistig fit wie 52-Jährige vor zehn Jahren. Was nichts anderes heißt als: In den letzten zehn Jahren sind die heute 60-Jährigen um gerade einmal zwei Jahre gealtert.

Und sie bringen auch weitere Eigenschaften mit, die zum Unternehmenserfolg beitragen können. Laut der Studie „Erfahrung rechnet sich. Aus Kompetenzen Älterer Erfolgsgrundlagen schaffen“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend verfügen ältere Mitarbeitende über „mehr Erfahrungswissen, eine höhere Arbeitsmoral und -disziplin, ein höheres Qualitätsbewusstsein, höhere Zuverlässigkeit und Führungsfähigkeit. Des Weiteren können Unternehmen aktiv vom höheren Sicherheitsbewusstsein, von der Selbstständigkeit, vom Verantwortungsbewusstsein und der sozialen Kompetenz älterer Arbeitnehmer profitieren.“

Darüber hinaus zeigt die BMFSFJ-Studie anhand von Fallbeispielen, dass altersgemischte Teams langfristig innovativere und profitablere Entscheidungen treffen. Die Erfahrung, das fachliche Know-how, das strategische Denken und das ganzheitliche Verständnis der älteren Teammitglieder sind nicht zu unterschätzende Treiber für Innovationsprozesse.

 

Altersdiversität als Chance

 

Die „Silver Society“ hat also nicht nur als Konsument:innengruppe wirtschaftliche Bedeutung, sondern kann auch einen wichtigen Beitrag zur Lösung des Arbeitskräftemangels leisten. Dafür müssen jedoch die alten jugendzentrierten Muster in Unternehmen überwunden und ein neues positives Altersbild etabliert werden. Zukunftsfähiges Employer Branding bedeutet daher auch, eine altersfreundliche Unternehmenskultur zu entwickeln, die auf Wertschätzung und Respekt beruht, um unternehmensweit Diversität zu fördern sowie Stereotypisierung und Diskriminierung zu minimieren. So kann es gelingen, dass ältere Mitarbeitende nicht als Last, sondern als wertvolle Ressource zur Lösung des demografischen Wandels betrachtet werden und Unternehmen vom Potenzial der Generation 55+ profitieren.


Autor: Detlef Arnold, Employer Branding Experte und Partner bei Saint Elmo’s Hamburg

 

Quelle: https://www.bmfsfj.de/resource/blob/93662/8ec515dd463772b68185e682bd9b8ff8/erfahrung-rechnet-sich-data.pdf

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