Building Best Brands in a Hybrid World 

Das Best Brands College 2022 war zwar „nur“ digital, gab aber umfassenden Einblick in eines der brennendsten Themen dieser Zeit: Markenführung im hybriden Zeitalter.

 

Was zeichnet „Best Hybrid Brands“ aus – Marken also, die ihre Online und Offline-Maßnahmen perfekt verzahnt haben? Und darüber das ganzheitliche Marken- und Produkterlebnis nicht vernachlässigt haben? Auf diese Fragen gaben namhafte Referent:innen im Rahmen des digitalen Best Brands College im Vorfeld der Best Brands Gala Antworten. 

 

Doch nicht nur Marken müssen den Spagat zwischen Online- und Offline-Kommunikation schaffen. Über Politikkommunikation in der Krise sprachen die beiden ZEIT-Ressortleitenden Ileana Grabitz und Dr. Heinrich Wefing mit Dr. Heinz Bude. Der Soziologieprofessor war Mitglied des interdisziplinären Beratergremiums der Bundesregierung in der Corona-Pandemie. Bude nennt Vor- und Nachteile der digitalen Ansprache: „Digitale Kommunikation schafft eine enorme Reichweite. Im Gegenzug aber verleitet digitale Kommunikation dazu, zu spezifisch und deutlich zu werden.“ Kommunikation funktioniere besser mit mehr Diffusität und unter Einbeziehung der Reaktionen. Sein Rat: Politiker:innen, oder eben auch Markenverantwortliche, sollten immer erst in einer persönlichen Fokusgruppe testen, wie Inhalte bei einem Live-Publikum ankommen, und die Erkenntnisse dann in der digitalen Ansprache umsetzen. Wer digitale Kommunikation nach Budes Ansicht perfekt beherrscht, ist der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj: „Ein digitaler Star – das lässt Putin ziemlich alt aussehen.“

 

Wie ticken Konsument:innen? Welche Art von Experience verlangen sie? Und wie können sich Hersteller und Handel besser darauf einstellen? Das präsentieren Oliver Schmitz, Head of Retail, und Jutta Langer, Vice President Consulting bei der GfK, in der aktuellen Best-Hybrid-Brands-Studie der GfK. Eines wird deutlich, Konsument:innen von heute sind unwiderruflich hybrid, und das in jeder Beziehung: Sie switchen nicht nur zwischen medialen Kanälen, sondern auch zwischen Händlern und immer mehr auch zwischen verschiedenen Marken. 61 Prozent der Verbraucher:innen so ein Ergebnis der Studie, sind Händlern gegenüber heute weniger loyal als früher. Und: Fast zwei Drittel informieren sich sowohl on- als auch online vor ihrem Kauf. Hybride Vertriebsmodelle sind also wichtiger denn je, damit dem Handel nicht Kund:innenkontakte entlang der Journey verloren gehen.

 

Eine Marke – eine Story – zwei Welten

 

Unser digitaler Lebensstil holt unser physisches Leben immer stärker ein, das weiß auch Christian Waitzinger: „Wir sporteln mit virtuellen Trainer:innen auf dem Peloton, verfolgen Konzerte über Fortnite oder bezahlen digitalisiert und automatisiert im Supermarkt. Diese Hybridität zeigt sich in nahezu all unseren Lebensbereichen und wird immer schneller voranschreiten. Bis spätestens 2030 werden wir mehr Zeit online als offline verbringen“, so der Chief Experience Officer Plan.Net Group. Das heißt für Marken: Auch die Kommunikationsstrategie der Zukunft muss hybrid sein. Marketer wird das in Zukunft vor noch viel größere Herausforderungen stellen. Schon in der derzeitigen Web-2.0-Welt ​sind Unternehmen enorm gefordert, zahlreiche Touchpoints zu managen. Im Web 3.0 – der nächsten Generation des Internets, auch Metaverse genannt – wechseln Menschen, Orte und Dinge dann nahtlos zwischen virtuellen und realen Räumen. Die entscheidende Frage wird dann sein: Wie gehen wir damit um, wenn die physische und digitale Identität miteinander verschmelzen, wenn Menschen mehrere Identitäten haben und Attribute wie Alter, Geschlecht und sexuelle Orientierung verändern können?

 

Hybrid Champions: Von den Best Brands 2022 lernen

 

Aus den unendlichen Weiten des Web 3.0 zurück in die Gegenwart: in dieser hatte TUI in Pandemiezeiten mit sehr handfesten Problemen zu kämpfen. Wir befinden uns im Frühjahr 2020. Für TUI heißt das: Von jetzt auf gleich von einem der erfolgreichsten Unternehmensjahre zum No-Line-Business. „Eine Zeitlang beschäftigte uns nur noch die elementare Frage: ‚Wie schaffen wir es zu überleben‘“, beschreibt Erik Friemuth, Global CMO TUI. Die längst geplante Restrukturierung wurde zum kurzfristig umgesetzten Überlebensplan umfunktioniert: Marketing, Vertrieb und Kund:innenservice in einer Funktion konsolidiert, der Kontakt zu Kund:innen ins Zentrum aller Bemühungen gerückt. Im Zentrum aller Aktivitäten steht seither die TUI App. Vor Covid als reine Service-Applikation wurde sie Zug um Zug zu einem 360 Grad Werkzeug rund um die Ferienplanung umfunktioniert, inklusive Reiseinformationen, Service & Support. Mit einher ging eine massive Verbesserung der Customer Experience und mit wiederkehrender Reiselust auch eine Verlagerung des Traffics. TUI ist laut Aussage von Friemuth einer der wenigen Anbieter der ein erwähnenswertes eigenes Onlinegeschäft hat: „Das kaufen wir uns allerdings mit einem hohen Cost-of-Sale im Online-Geschäft in Höhe von 25 Prozent.“ Dennoch ein lohnender Schachzug: Zumindest auf dem Aktienmarkt setzt TUI gerade zum Rebound an.

 

Um Customer Centricity geht es auch bei MediaMarkt Saturn. Ralf Schmitt, Head of Brand Marketing & Strategy International, sieht sein Unternehmen derzeit in der anspruchsvollsten Phase in den 42 Jahren des Bestehens, was die Kund:innenansprache angeht: „Früher reichte provokante Werbung, um Käufer:innen in den Laden zu locken. Heute müssen wir in der Kommunikation vieles mehr leisten und bieten.“ Die Zukunft des Handels ist Omnichannel. Es geht um die nahtlose Verknüpfung aller Vertriebskanäle. Kund:innen muss ein einheitliches und attraktives Einkaufserlebnis geboten werden – online wie offline. Auch bei MediaMarkt Saturn ging das einher mit einer Restrukturierung. Schmitt nennt vier Voraussetzungen zum Hybrid Champion:

 

1. Das Business denkt Omnichannel und Kundenorientiert

 

2. Es gibt eine Bündelung und Kontrolle aller Maßnahmen im Deployment

 

3. Die Marke zeigt die Richtung vor

 

4. Es braucht vorausschauende Planung und Koordination.

 

Wie macht man Produkte fit für die hybride Welt?

 

Die Automobilbranche macht vor, wie das gehen kann. Hybrid Channels. Hybrid Platforms. Hybrid Products – all das stand im Zentrum des Abschluss-Vortrags von Jens Thiemer. Eine Website ist für den Senior Vice President Customer & Brand der BMW Group nicht mehr nur das Schaufenster für die Marke sondern ein Transaktionskanal. Apps werden zunehmend zu Mobilitätsökosystemen. Man könne hier viel von der Modebranche lernen, so Thiemer. „Shop the Look“ heißt für ihn übertragen: Vorkonfigurierte Autos sind auf einen Klick zusammengestellt und bieten dann sofort die Möglichkeit zum Kaufen. Die My BMW App dient zudem seit ihrer Einführung im Juli 2020 als universelle Schnittstelle für die nahtlose Kommunikation zwischen Fahrer:in und Fahrzeug. Gleichzeitig bietet sie Kund:innen per Smartphone eine direkte Verbindung zum BMW-Händler und zur Marke BMW. Mit ihr können sie Reiserouten planen und an das Navigationssystem des Fahrzeugs übermitteln, Servicetermine vereinbaren, Informationen zum Fahrzeugzustand abfragen oder Neuigkeiten zur Marke erfahren. Das Ziel von BMWs Hybrid-Strategie fasst Thiemer in konkrete Zahlen: Bis 2025 will das Unternehmen 25 Prozent Onlinesales erzielen.

 

Wer sind die stärksten Marken des Jahres?

 

Nach dem College wurden abends im Rahmen einer feierlichen Gala in München die Best Brands Awards verliehen. Beim einzigen studienbasierten Markenpreis Deutschlands überzeugte Sony Playstation als „Best Brand Overall“, Rügenwalder Mühle bekam den Preis als „Best Brand Food & Beverages“ und das Online-Reiseportal booking.com konnte in der Kategorie „Best Brand Travel“ überzeugen. DHL sicherte sich Platz 1 als „Best Hybrid Brand“.

 

Nachdem die Award Gala im vergangenen Jahr coronabedingt rein digital stattfand, konnte sie jetzt bei ihrer 19. Ausgabe wieder als Live-Event durchgeführt werden. Bundespräsident a.D. Joachim Gauck eröffnete die Veranstaltung mit einer Keynote zum Thema Verantwortung und Mut. Als weiteres Highlight des Abends sprach das Power-Paar des Weltsports Ana Ivanović und Bastian Schweinsteiger live auf der Bühne mit Moderatorin Linda Zervakis über Personal Branding, ihre Arbeit als Markenbotschafter:innen und was man braucht, um selbst zur erfolgreichen Marke zu werden.

 

Rund 450 geladene Gäste aus Wirtschaft, Handel und Medien sowie zahlreiche prominente Gäste waren am Abend zur Gala ins Hotel Bayerischer Hof in München gekommen, um die Preisträger in den vier Kategorien zu feiern.

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