Endlich wieder ein bisschen Optimismus. So könnte man die Ergebnisse des CMO Barometers* 2024 auch zusammenfassen: Es glauben mehr Marketers an eine Verbesserung als an eine Verschlechterung der Wirtschaftslage. Sogar jede:r Dritte rechnet mit einer Steigerung des Budgets. 

 

Neben der überraschenden Tendenz zum Optimismus, sind neue Technologien, vor allem Künstliche Intelligenz, DAS Thema der Umfrage. Sie wird die Anforderungen an das Marketing verändern – was das und auch die neue Rolle der CMOs bedeuten, haben wir zwei Expert:innen gefragt, die sowohl bei der Erstellung der Umfrage, als auch bei der Ergebnis-Interpretation maßgeblich beteiligt waren: Julia Zimmermann, Partner Brand Strategy & Positioning bei FM Consulting, und Prof. Dr. Sven Reinecke, Executive Director der University of St.Gallen (HSG). 

 

Best Trends: KI verändert Vieles – worauf kommt es im Marketing nun an?

Julia Zimmermann: Wichtig ist es, hier zunächst die Rolle des Marketings in vielen Unternehmen zu betrachten: Das Marketing ist intern oftmals Treiber und verkaufsfördernder Umsetzer von neuen Praktiken, Role Models für zukunftsorientiertes Arbeiten. Das Marketing ist für die Kommunikation nach außen verantwortlich und wirkt damit auch nach innen. Sprich: hier müssen die neuen Technologien (und auch andere wichtige Themen wie die steigende Bedeutung von Nachhaltigkeit) Anwendung finden. Es braucht eine Haltung zur Nutzung von KI: Wollen wir und können wir KI nutzen, um unser Marketing effizienter und effektiver aufzustellen? Und wofür genau? Wie sind wir rechtlich auf der sicheren Seite und sorgen für den Schutz unserer sensiblen Daten? 

 

Best Trends: Wie wird KI die Rolle der CMOs ändern?

Prof. Dr. Sven Reinecke: Die größten Auswirkungen wird KI meines Erachtens zu Beginn eher im operativen Marketing haben. Das gilt insbesondere für Routinearbeiten. Ferner kann KI Dinge leisten, die vorher kaum möglich waren – wie individuelles Real-Time Targeting im Rahmen von Customer Journey Management, Gesichts- oder Personenerkennung, schnelle Sentiment-Analysen im Internet. Mit den jeweiligen Möglichkeiten und Grenzen werden sich CMOs künftig verstärkt auseinandersetzen müssen.  

Es wird zudem anspruchsvoll, noch heterogenere Teams zu managen und zu integrieren. Bereits heute muss man datengetriebene Informationsspezialist:innen und kreative, brandorientierte Marketers zusammenbringen. In Zukunft werden die Teams durch KI-Expert:innen noch komplexer.  

Einen Vorteil sehe ich allerdings: Je digitaler das Marketing, desto einfacher wird es, Marketing und Sales zu integrieren. In einigen Unternehmen ist Marketing bereits für Digital Sales zuständig.

 

Best Trends: Was müssen die CMOs der Zukunft mitbringen, um für die vielen, sich immer schneller entwickelnden Themen gewappnet zu sein? 

Prof. Dr. Sven Reinecke: Mit dem CMO Barometer haben wir gerade die erforderlichen Marketingkompetenzen für die Zukunft abgefragt. Am wichtigsten sind die eher weichen Aspekte wie Offenheit für Veränderung, Flexibilität sowie ganzheitliches Denken. Erst danach kommen Kompetenzen wie Teammanagement, Marktverständnis und technische Fähigkeiten. CMOs werden künftig noch stärker „managen“ müssen – d.h. Lenken, Gestalten und Entwickeln des gesamten marktorientierten Bereichs. Neben Marketingaspekten zählen dazu immer stärker auch Technik- und Führungskompetenzen.

Kreativität auf Knopfdruck war gestern: Die CMOs wollen Agenturen, die ein Challenger-Mindset mitbringen und auf Augenhöhe agieren. Es gilt, Kundenherausforderungen zu identifizieren und diese proaktiv strategisch bzw. kreativ zu lösen – stets mit einer klaren Ausrichtung auf die Zukunftsfähigkeit und den wirtschaftlichen Erfolg des Kunden.  

 

Best Trends: Braucht es Agenturen überhaupt noch? Schaffen sich Agenturen selbst ab?  

Julia Zimmermann: Ich würde es so formulieren: Agenturen, die ihr Geschäftsmodell so weiterführen, wie sie es in den letzten Jahren und Jahrzehnten perfektioniert haben, werden langfristig verlieren. Unternehmen brauchen heute die viel besagten „Partner“ für ihr Business, weniger eine verlängerte Werkbank. Es ist in vielen Branchen eine Professionalisierung des Unternehmensmarketings festzustellen. Customer Centric wird immer wichtiger. Dafür braucht es Expert:innen, die das Business verstehen und White Spots aufdecken sowie Empfehlungen aussprechen, Dinge anzugehen. Genauso wichtig ist die Inspiration von außen – als regelmäßiger Reality Check, aber auch um Innovation zu ermöglichen. Das Geschäftsmodell der Zukunft: als Expert:in und Sparringspartner:in, Unternehmenstransformationen mit menschlicher Intuition und fachlichem Know-How zu begleiten.

 

*Das CMO Barometer ist eine jährliche Studie, bei der die Top Marketer der wichtigsten Unternehmen in der DACH Region und in weiteren acht Ländern befragt wurden. Sie wurde von der Serviceplan Group bereits zum fünften Mal durchgeführt, in diesem Jahr zum ersten Mal zusammen mit der University of St. Gallen (HSG). Die aktuellen Ergebnisse warten hier:

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