„Future Nostalgia“, so hiess Popstar Dua Lipas Album aus dem Jahr 2020, das erfolgreich 80s-Sound mit Electronic Dancebeats mixte. Und der Titel bewies: Nostalgie hat Zukunft. Es ist eine Eigenschaft des Menschen, sich nach „unbeschwerten Zeiten“, nach der behüteten Kindheit zu sehen, in der die Welt weniger komplex erschien – selbstverständlich mit einer gehörigen Portion Verklärung, die dabei mitschwingt.
Dieses allzu menschliche Gefühl, sich an diesen imaginären Ort der Kindheit oder Jugend zurückzuträumen, ist daher auch in der Werbe- und Marketingwelt ein starker Hebel. Seit der Pandemie und den sich häufenden Krisen der letzten Jahre scheint dieses Bedürfnis noch zusätzlich gewachsen zu sein. Dabei geht es nicht nur um die seit jeher zyklische Wiederkehr von Modetrends wie Glockenhosen oder Hüftjeans, sondern um gezieltes „Nostalgia Marketing“, das eine emotionale Verbindung einer Generation von Konsument:innen zu einer bestimmten Phase ihrer Vergangenheit – sowie zu den entsprechenden Produkten und Marken – anzapft und wiederbelebt.
Revivals von einst beliebten Produkten, Re-Issues klassischer Verpackungen oder Neuauflagen ikonischer Spielzeugserien passieren dabei nicht willkürlich. Sie geschehen in Hinblick auf Zeitpunkte, in denen eine bestimmte gesellschaftliche Generation – von Gen X über Millennials bis hin zu Gen Z – an einer Schwelle zum Erwachsen- bzw. „Erwachsenerwerden“ steht und die Sehnsucht nach nostalgischen Emotionen in ihrem Leben an Relevanz gewinnt.
Diese Trends werden zudem dann effektiv, wenn relevante Zielgruppen von staunenden Kindern zu kaufkräftigen Erwachsenen herangewachsen sind. Die Abstände dieser „Nostalgie-Wellen“ scheinen in den letzten Jahren sogar kürzer geworden zu sein – ein Umstand der wohl untrennbar mit unserem schnelllebigeren Medienkonsum und einer immer stärker diversifizierten Culture- und Subkulturlandschaft zusammenhängt. So erlebt die Gen Z etwa gerade eine „Y2K-Nostalgie“, also das Wiederaufleben vieler popkultureller Aspekte der frühen 2000er Jahre – einer Zeit, die viele der Generation nicht aktiv miterlebt haben.
Nostalgie ist also aktuell weniger an weiter zurückliegende Dekaden gebunden, sondern kommt in kürzeren Abständen und erzeugt Sehnsucht nach den Cultural Codes einer Zeit, die nicht zwingend die eigene Jugend geprägt hat. Bei richtig verstandenem Nostalgie-Marketing darf es aber nicht bloss um einen visuellen Gimmick oder ein dekoratives Retro-Packaging gehen. Es braucht vielmehr tiefes kulturelles Verständnis für die prägende Phase einer Generation und welche Bedürfnisse diese in jener Zeit Kontakt mit Brands suchen liessen. Es geht um eine tiefere Verbindung zwischen den Nostalgiker:innen und dem Purpose einer Marke in deren Leben. Ikonische Marken unserer Kindheit – wie etwa Nintendo oder Lego – zapfen seit Jahren erfolgreich unsere Sehnsucht nach der Zeit an, in denen wir den Erstkontakt mit ihnen hatten. Ein Beweis, dass die Macht von Brand Heritage gepaart mit Nostalgie immer Zukunft haben wird.
Anmerkung: Dieser Artikel wurde zuerst in W&V Print veröffentlicht.
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