Warum Kekse nicht gleich Kekse sind
Die Cookieless Future kommt, doch wie das Ökosystem für digitale Werbung künftig aussehen wird, ist noch offen. Klar ist: Werbungtreibende sollten über Alternativen nachdenken.
Die Uhr tickt: Spätestens Ende 2023 will Google die Unterstützung für Third-Party-Cookies in seinem Browser Chrome auslaufen lassen. Angesichts eines Marktanteils von rund 60 Prozent, den Chrome im Browser-Markt hat, ist damit das Aus der Drittanbieter-Cookies besiegelt. Zumal Apple diesen Schritt mit seinem Browser Safari bereits 2020 gegangen ist. Spätestens in eineinhalb Jahren also beginnt eine neue Ära im Digital-Marketing: die Cookieless Future.
Wobei: Ganz richtig ist das nicht. Denn nicht alle Cookies sollen künftig verbannt werden. Hier gilt es zu unterscheiden, welche Art von «Keksen» es überhaupt gibt. Rein technisch betrachtet sind Cookies Daten einer Datei, die ein Browser von einer Website erhält und auf den Devices der User*innen speichert. Neben essenziellen Cookies, die das reibungslose Funktionieren einer Website gewährleisten, können auch solche dazuzählen, die bestimmte Funktionen dieser Website für die komfortablere Verwendung bereitstellen oder die die Performance des einzelnen Website-Besuchs messen. All diese Cookies sind First-Party-Cookies, die von der jeweiligen Website gesetzt werden und die auch nur von deren Betreiber genutzt werden können.
Third-Party-Cookies werden dagegen von einer dritten «Partei» – in der Regel sind das die Trackingdienstleister von Werbungtreibenden – gesetzt. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, User*innen über verschiedene Domains hinweg wiederzuerkennen. Auf diese Weise werden wertvolle Informationen über deren Konsumverhalten gesammelt und individuelle Interessenprofile erstellt, auf deren Basis schliesslich personalisierte Werbung ausgespielt werden kann. Im Grunde basiert das gesamte Online-Marketing bislang auf diese Drittanbieter-Cookies. Doch genau deren Tage sind nun gezählt.
Welche Folgen die Abschaffung der Third-Party-Cookies für das Online-Marketing haben wird, ist noch nicht ganz klar. Was aber nicht heisst, dass Werbungtreibende jetzt erst einmal abwarten sollten. Im Gegenteil: Marken sollten die Zeit nutzen, um rechtzeitig den Wandel zu einer Welt ohne Third-Party-Cookies vorzubereiten und einzuleiten.
Dabei sind folgende fünf Aspekte von zentraler Bedeutung:
1. First Party first
Im Gegensatz zu den Third-Party-Cookies sind First-Party-Cookies und -Identifier von den Veränderungen kaum betroffen. Auf ihren eigenen Web-Präsenzen kann eine Marke also im Prinzip weiterhin profilbasiert messen und die Nutzer*innen gezielt ansprechen. Die dafür eingesetzten Systeme laufen aber heute technisch in der Regel noch im Third-Party-Kontext. Hier gilt es also, rechtzeitig die notwendigen Umstellungen und Anpassungen in der technischen Infrastruktur vorzunehmen.
2. Datenstrategien überprüfen
Werbungtreibende setzen heute meist auf eine First-Party-Datenstrategie, die auf pseudonyme Identifier baut. In den meisten Fällen sind das natürlich Cookies. Um diese First-Party-Daten jenseits der eigenen Plattformen nutzen zu können, findet dann eine Übertragung in Third-Party-Cookies statt. Diese Brücke wird in Zukunft entfallen. Darüber sollte man sich im Klaren sein und frühzeitig prüfen, wie sich die drohende Lücke wieder schliessen oder verkleinern lässt. Wo immer möglich, sollte man versuchen, die Nutzer*innen nicht mehr nur pseudonym zu flaggen, sondern sie, gegen einen entsprechenden Mehrwert, um eine personalisierte ID wie beispielsweise ihre E-Mail-Adresse zu bitten oder sie zur Registrierung und zum Login zu bewegen. Hierfür gilt es auch, die digitale Aktivierung von CRM-Datenbeständen voranzubringen, falls das noch nicht geschehen ist. E-Mail-Adressen oder Login-Angaben können dann, die Einwilligung der User*innen vorausgesetzt, in First-Party-ID-Systeme eingespeist werden, um wieder eine Cross-Site-Ansprache der Nutzer*innen zu ermöglichen.
3. Cookie-Alternativen evaluieren
First-Party-ID und Login-Lösungen gibt es inzwischen in grosser Zahl. Manche werden wieder verschwinden, andere, wie etwa die Lösungen der GAMMAs (Google, Amazon, Meta, Microsoft, Apple), existieren schon sehr lange. Technische Möglichkeiten, erwartbare Reichweite, Datenschutzreife und Transparenz der Businessmodelle unterscheiden sich dabei gravierend. Hier heisst es, sich einen Überblick zu verschaffen und dann Tests mit den Lösungen in die Wege zu leiten, die zu den eigenen Geschäftsmodellen passen. Ob der von Google «Topics» genannte interessenbasierte Ansatz dazu gehört, werden wir nach den ersten Tests wissen. Dasselbe gilt für die seitenübergreifende Ansprache, die Google unter dem Namen «Fledge» bieten will.
4. Smart Data und Contextual Data
Wir müssen alternative Targeting-Ansätze in Betracht ziehen, die ohne Cookies auskommen. In diesem Bereich gibt es bereits viele innovative Lösungen und es werden beständig weitere hinzukommen. Sie werden in manchen Bereichen, etwa der Frequenzsteuerung, das Cookie nicht ersetzen können. Sie können den profilbasierten Lösungen aber in der Ansprache bestimmter Zielgruppen und den Möglichkeiten, die Kampagnen in Richtung aller digitalen Screens datenbasiert zu erweitern, auch weit überlegen sein.
5. Testen, testen, testen
Noch lassen sich alle neuen Targeting-Lösungen durch Third-Party-Cookies nachmessen und validieren. Diese Möglichkeit sollte keiner ungenutzt lassen, um den reibungslosen Übergang in die Cookieless Future zu schaffen.
Autor: Tobias Wegmann, Chief Technology Officer bei Mediaplus Realtime
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